Viel zu schnell ist das gemeinsame Schuljahr vergangen. Wir haben allerhand zusammen erlebt und wollen es zum Abschluss noch einmal richtig bunt treiben – wortwörtlich, versteht sich! Zur Vorsicht habe ich den größten Teil des Raumes mit Malerfolie abgeklebt, denn der große Wunsch der Kinder war es, wie der japanische Künstler Kazuo Shiraga mit den Füßen zu malen. Und weil nicht alle Kinder einen eigenen Geburtstagskuchen bekommen haben, feiern wir noch einmal eine wilde Kuchenschlacht für alle.
Eine ganz besondere Freude haben mir “meine” Kinder dann noch mit unzähligen Geschenken gemacht. Eine Karte, die mich sehr an Matisse erinnert hat, ein Mini-Klemmentini, Blumen, Briefchen und eine selbst bemalte Tasse, mit der ich mal eben zur besten Kunstlehrerin der Welt ernannt wurde. Fest versprochen, ich vergesse Euch nicht. Und wünsche Euch alles Gute für den Start ins neue Schuljahr, für viele auch an der neuen Schule.
Wie wohl der kleine Jackson Pollock auf die Idee kam, seine “Klecksbilder” zu malen?
Vielleicht so:
Jackson lebte mit seinen vier Brüdern und seinen Eltern in Cody, einem kleinen Ort mitten im Indianerland. Er liebte es, Indianer zu spielen. Mit Federn am Kopf, Regentanz, Pfeil und Bogen. Eines Tages sah Jackson Zeichnungen, die die Indianer im Boden ihres Landes hinterlassen hatten und war so beeindruckt von den geheimnisvollen Zeichen, dass er sie sein ganzes Leben lang nicht mehr vergaß.
Später zog er nach New York, einer großen Stadt, um dort Maler zu werden. Er malte in der Art der Indianerzeichnungen und nicht so, wie man es in der Schule lehrte. Dort verstanden sie gar nichts von Indianern.
Das Leben in der Stadt gefiel Jackson gar nicht. Alles war vorherbestimmt und fest geregelt. In der Stadt gab es keine magischen Zeichen wie in der Wüste. Er wollte ein Indianer in New York sein und malte seine ganze Wut gegen diese fantasielose und langweilige Gesellschaft der Bleichgesichter in seine Bilder. Er nahm die Farben und tanzte damit den Regentanz. Er spritzte, tropfte, kleckste und tanzte dabei über die Leinwand.
Um selbst einmal die vielen Möglichkeiten des Action Painting kennen zu lernen und auszuprobieren, hatten wir verschiedene Stationen aufgebaut.
An einer durfte in der Art von Jackson Pollock gekleckst werden, an einer anderen sollte ein Blatt Papier in einer Schale mit Farbe betropft und dann mit Hilfe von einigen Murmeln Muster erzeugt werden. Die Farbe wurde mit Strohhalmen verpustet, mit den Fingern vermalt und durch Drehen des Papiers zum Verlaufen gebracht. Nicht das Ergebnis zählte, sondern der Umgang mit den Farben, das Ausprobieren von “was passiert, wenn…”. Ganz nebenbei konnten wir so auch klären, dass knapp ein halber Liter Farbe auf ein DIN-A4-Blatt passt. Übrigens ergab die Aktion nicht nur interessante Effekte auf dem Papier, auch das ein oder andere Kind sah aus, als sollte man es gleich zum Kunstwerk erklären.
Der Besuch in der Fondation Beyeler bleibt für den Kunst-und-Krempel-Nachmittag nicht ohne Folgen. Ganz besonders hatte es der japanische Künstler, der seine Bilder mit den Füßen “malt”, meinem Kunstkind angetan. In einer fröhlichen Mischung aller Stile tritt sie die Kunst buchstäblich mit Füßen. Allerdings nicht nur mit diesen und so habe ich hinterher nicht nur neue Kunstwerke auf dem Papier zu bewundern, sondern auch auf den Balkonwänden, der Gießkanne, den Pflanzen, meiner Person und natürlich dem ganzen Kunstkind. “Action Painting” in seiner ganz ursprünglichen Bedeutung!
Zu meinem Geburtstag habe ich von Petra und Andreas einen Ausflug in die Fondation Beyeler geschenkt bekommen, einer bekannten Kunstgalerie in Basel. Die aktuelle Sonderausstellung zur Kunstform des “Action Painting” hat es mir ganz besonders angetan. Petra und Andreas erhalten eine persönliche Führung und ich bin mehr als glücklich an diesem Tag. Zumal die Fahrt auch ein liebevoll gerichtetes Picknick und ein späteres Pizzaessen beinhaltet. Danke für den tollen Tag!
Hier aber noch die Höhepunkte der Ausstellung:
- Der beste Titel: Das “Wilde Blaue Bild” von Gerhard Hoehme. Unverständlicherweise dürfen wir es nicht mitnehmen.
- Das faszinierendste Bild: von Pierre Soulages, der seit Jahren nur noch in Schwarz malt. Keine Farbabstufungen, alles schwarz, aber mit einer Art Struktur. Beim intensiven Betrachten löst Petra gleich mal Alarm aus!
- Die witzigste Idee: ein Bild aus leeren Farbtuben, wobei wir gleich mal über den ökologischen Gehalt von Kunst diskutieren.
- Der lustigste Künstler: Kazuo Shiraga, ein japanischer Künstler, der seine Leinwand mit Farbklumpen bewirft und diese dann – an einem Seil hängend – mit den Füßen “vermalt”.
- Das schönste Bild: Der Seerosen-Tryptichon von Claude Monet, welcher einen ganzen Saal füllt und dem gegenüber ein überdimensionales Sofa zum Verweilen einlädt. Was wir auch gerne annehmen.
- Andreas' liebstes Bild: Das “Wilde Blaue Bild” von Gerhard Hoehme.
- Petras liebstes Bild: “Beta Epsilon” von Morris Louis.
- Annes liebstes Bild: “Nummer 7« von Jackson Pollock. Und weil ich das nicht mitnehmen darf, habe ich mir zuhause einfach ein eigenes gekleckst…