Wie in den Vorjahren, entwerfen und gestalten die 21 Konfirmandinnen und Konfirmanden der Offenburger Stadtkirchengemeinde ihre Konfikerzen in einem von mir angeleiteten Workshop. Vor der kreativen Arbeit sprechen wir über den Sinn und Zweck der Konfikerze und die Symbolik der Osterkerze. Dass die Konfikerze an der Osterkerze entzündet wird und damit der Wunsch zum Ausdruck kommt, dass das Licht Christi sie auf ihren Lebenswegen begleiten soll, beeindruckt die Jugendlichen trotz aller lockeren Sprüche. Dann geht es ans Zeichnen mit dem immer gleichen Anfangskommentar: Ich kann aber gar nicht zeichnen. Gemeinsam gelingt es aber doch (Wer kann eine Taube?). In diesem Jahr habe ich auch tatkräftige Unterstützung von zwei jungen Frauen, die in den letzten Jahren ihrerseits ihre Kerzen bei mir gemacht haben und die sehr geduldig die immer gleichen Fragen beantworten und Hilfestellung geben. Nach vier Stunden Workshop sind auch die letzten soweit, dass sie mir ihre Kerzen zum »pimpen« (aufarbeiten) mitgeben.
Ich werde die Kerzen beschriften, mit Details versehen und Kleinstkorrekturen vornehmen, das Grundmotiv aber nur vollenden, nicht verändern. Ganz zum Schluss wird das Motiv mit einem speziellen Kerzenlack überzogen, der die Farben leuchten lässt und das Motiv unempfindlicher macht. Am Tag vor dem Konfirmationsgottesdienst sehen die Konfis ihre Kerzen dann wieder und sind von sich selbst überrascht: Das hab’ wirklich ich gemacht?
In manchen Gemeinden wird die Konfikerze am Anfang des Konfirmandenjahres gestaltet und brennt zu jedem Gottesdienst, an dem die Jugendlichen teilnehmen als eine Art Anwesenheitskontrolle. In der Offenburger Stadtkirchengemeinde (und anderen) ist es üblich, die Konfikerze im Rahmen des Konfirmationsgottesdienstes bei der Nennung der Namen und des Konfispruches an der Osterkerze zu entzünden und auf den Altar zu stellen. Auf diese Weise wird dem Jugendlichen das Licht Christi für seinen Lebensweg symbolisch mitgegeben. Die Konfis und ihre Familien sind immer begeistert von den tollen Kunstwerken, die die Jugendlichen selbst entworfen und gestaltet haben und die damit einen besonderen Wert für sie darstellen.
Die Osterkerze wurde bereits im 4. Jahrhundert erwähnt. Im Verlauf des Mittelalters haben sich zwei der für uns heute geläufigen Elemente der Gestaltung entwickelt: Das Alpha und Omega und die Jahreszahl. Alpha und Omega sind der erste und der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets. Ihre Verwendung auf der Osterkerze geht auf die Bibel zurück.
Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.
Johannes 22,13
Die Jahreszahl weist auf die astronomische und kalendarische Bedeutung von Ostern hin. Bis zum heutigen Tag werden alle beweglichen Feste vom Ostertermin her bestimmt. Im Mittelalter wurden weitere Zahlen, die zur Berechnung des Ostertermins von Bedeutung waren, angebracht. Auch in diesem Jahr gestalte ich für einige Gemeinden die Osterkerze. Mehrere Kirchengemeinden entscheiden sich für mein Motiv zur diesjährigen Jahreslosung.
Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
Hebräer 13,14
Wie bereits im letzten Jahr, fertige ich wieder zwei Osterkerzen für unsere englischen Partnergemeinden in Borehamwood an. Ein guter Grund mehr, meine Freunde dort zu besuchen und auch einen Abstecher nach London zu machen. Während die Gemeinde von St. Michaels and All Angels ein grafisches Motiv bevorzugt, wünscht sich die St. Paul’s Lutheran Church eine Bearbeitung ihres Patrons Paulus. Ich wähle als Grundlage eine Ikone des Künstlers Fadi Mikhail, der auch das Altarbild der Gemeinde gestaltet hat.
Nach längerer Zeit nehme ich wieder einen Lehrauftrag an, diesmal am Offenburger Grimmelshausen-Gymnasium. Eine Gruppe von Schülerinnen soll für das Theaterstück »Roter Ritter Parzival« ein Bühnenbild entwerfen und auf Seide gestalten. Im Verlauf der Vorbereitungen wird das Motiv aber leider fest vorgegeben und wir können nur noch über die farbliche Gestaltung entscheiden. Drei Seidenbilder entstehen mit dem immer gleichen Grundmotiv, einer keltischen Triskele. Die Seidenbahnen sind jeweils 1,40 Meter breit und 4 Meter lang. Eine Herausforderung, der wir mit größeren Mengen von Konturenmittel und Seidenfarbe, Pinsel, Föhn und Bügeleisen begegnen. Die Aufhängung ist etwas kniffelig, da zwischen den verschiedenen Hintergrundfarben während der Aufführung gewechselt werden soll. Ich entscheide mich für ein Rollo-Prinzip zum hochziehen und runterlassen der Bahnen. Die Beleuchtung lässt die einzelnen Motive in immer neuen Farbnuancen erstrahlen.
Alle Aufführungen sind ein großer Erfolg und einige meiner Kreativ-Mädels sehe ich in verschiedensten Rollen auf der Bühne wieder. Den Blumenstrauß zum Dank habe ich mir allerdings auch redlich verdient!
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